Das Förderprogramm Umlagerung Strasse auf Schiene

gibt es seit 2014. Betreiberin ist die Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW), die Finanzierung erfolgt durch die Stiftung KliK.

Drittgrösstes Klimaschutzprogramm der Stiftung KliK

Initial angenommene Klimaschutzwirkung: 5000 Bescheinigungen (=reduzierte tCO2) pro Jahr; heute über 200'000 Bescheinigungen pro Jahr.

"Im Verkehr für den Verkehr"

Ein namhaftes Programm aus dem Kompensationsmechanismus, das im direkt betroffenen Sektor Verkehr bedeutende Mengen an Treibhausgasen reduziert.

Förderprogramm mit vielen verschiedenen Akteuren

Es wirkt in die komplexen Prozesse der Logistikkette.

Es ist hochgradig effizient (hohe Wirkung pro Förderfranken) und effektiv (es bewirkt nachweislich eine Verlagerung).

Eine erfolgreiche Umsetzung bedarf einer akkuraten Planung und Koordination zwischen den beteiligten Akteuren sowie eines langfristigen Planungshorizonts.

1

In den Jahren 2016 bis 2022 konnten dank des Förderprogramms weit über 1 Mio. LKW-Einheiten auf die Bahn verlagert und somit fast 544'000 Tonnen CO2 reduziert werden. Seit 2022 werden pro Jahr mehr als 200'000 Tonnen CO2 eingespart, weiteres Potential ist vorhanden. Erfolgreicher im Reduzieren von Treibhausgasemissionen sind im Portfolio der Stiftung KliK nur noch das Förderprogramm für Biotreibstoffe und das Senkenprojekt Schweizer Holz.

Bei der Inbetriebnahme vor 10 Jahren ging man von einer viel geringeren Wirkung aus. Erfreulicherweise wurden die initialen Annahmen rasch überholt. Woran dies liegt und wie nachhaltig das Programm zur Transformation des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene beiträgt, haben wir Beni und Yves Isenegger von Faktor Plus gefragt.

Faktor Plus

Faktor Plus GmbH wurde 2014 gegründet und ist auf Nachhaltigkeitsthemen wie die Realisierung von CO2-Reduktionsprojekten im Transportbereich sowie in der Industrie spezialisiert. Das Unternehmen arbeitet mit verschiedenen Programmteilnehmern zusammen und begleitet diese durch den gesamten, komplexen Prozess, um eine Verlagerung nachhaltig zu realisieren. Hierzu gehören etwa die Analyse möglicher Projektpotentiale, die Koordination zwischen involvierten Logistikpartnern, die Begleitung durch das Anmeldeprozedere, den Auswertungs- und Monitoringprozess bis hin zur Geltendmachung der erzielten Reduktionsleistungen. www.faktor-plus.ch

Stiftung KliK: Das Förderprogramm Umlagerung Strasse auf Schiene ist viel erfolgreicher als zunächst angenommen. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe dafür?
Faktor Plus: Das starke Wachstum der Verminderungsleistung des Programmes ist auf verschiedene Entwicklungen zurückzuführen. Eine wichtige Grundlage für einen funktionierenden Schienengüterverkehr ist logischerweise zuerst einmal eine gute Infrastruktur, die dank der politischen Rahmenbedingungen der Schweiz seit Jahren ausgebaut und verbessert wird. Als Hauptgrund lässt sich jedoch die seit 2020 immer erfolgreicher werdende Projektarbeit der teilnehmenden Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und allen Stakeholdern der Güterlogistikkette nennen. Dadurch wurden Verlagerungspotenziale analysiert, deren Umsetzung geprüft und schliesslich viele zusätzliche Verlagerungen realisiert sowie drohende Rückverlagerungen auf die Strasse verhindert. Das Programm ermöglicht es den Bahnunternehmen, konkurrenzfähigere Preisangebote im Markt zu platzieren. Da EVU die Verkehrsströme bündeln, erhöht sich die Reduktionswirkung entsprechend beim Angebot zusätzlicher Bahnprodukte.

Was sind die Herausforderungen für Bahnunternehmen, wenn sie als Projekteigner auftreten?
Die Projekteigner auf Stufe der Bahnunternehmen müssen umfangreiche Vorleistungen tätigen, bevor sie für die vollbrachte CO2-Reduktionsleistung entlöhnt werden. Dies ist mit hohen finanziellen Risiken verbunden, da die zusätzlichen Bahnverkehre – auch als Bedingung für die Programmteilnahme – eine unwirtschaftliche Kostenrechnung (auf Stufe EVU) aufweisen müssen. Die Projekte werden jedes Jahr auf finanzielle und emissionsbedingte Zusätzlichkeit (Additionalität) geprüft. Erst nachdem die jeweiligen Projekte zu Beginn des Folgejahres ins Monitoring eingereicht wurden, mehrere Prüfschritte durchlaufen haben und die jährlich geltenden Additionalitätskriterien erfüllt sind, erfolgt eine finanzielle Entlöhnung gegen Ende des Folgejahres. Der gesamte Zyklus von der Fahrt des ersten zusätzlichen Transportes bis zu einer möglichen Auszahlung erstreckt sich nahezu über zwei Jahre, was viele Programmteilnehmer anfänglich abschreckte. Rund sechs Jahre nach Programmstart gewannen die Teilnehmenden vermehrt Vertrauen in das Programm, wodurch neue Verlagerungspotentiale realisiert werden konnten.

Welche Herausforderungen für die Umlagerung sehen Sie allgemein im Transportsektor?
Das System Bahn ist dem System Strasse oftmals in einigen zentralen Punkten unterlegen: in der Flexibilität, also im schnellen Agieren auf sich ändernde Anforderungen oder Bedingungen, in der Qualität, die von der Pünktlichkeit des Abholens und Zustellens abhängt, und beim Preis. Flexibilität und Qualität sind bei Bahngüterverkehren systembedingt erschwert, da viele verschiedene Prozesse ineinandergreifen und perfekt aufeinander abgestimmt sein müssen, damit ein reibungsloser Transport resultiert. Die hohen Kosten für das mehrfache Handling (Auf-/Abladen an den Terminals) müssen auf die Streckenkilometer umgeschlagen werden. Die Preise sind bei Bahnprodukten daher oftmals deutlich höher als bei LKW-Transporten. Die grösste Herausforderung ist also, das System Bahn punktuell, auf das konkrete Problem im Einzelfall, und effizient zu stärken.

Worin bestehen die konkreten Vorteile der Bahn?
Aus Sicht der Nachhaltigkeit ist das System Bahn dem System Strasse im Bereich ökologischer Kriterien deutlich überlegen: Die Treibhausgasemissionen in der Schweiz werden im Bahnverkehr gegenüber dem Strassentransport im Transitgüterbereich um 98.5% reduziert und bei Binnenverkehren um 85-88% [1]. Zudem reduzieren sich die Emissionen von Stickoxiden um 85%, von Nicht-Methan-Kohlenwasserstoff (Ozon- und Smogbildung) um 94%, von Schwefeldioxid um 70% und von Feinstaub um 70% [2]. Die Fahreffizienz ist deutlich höher, da der Rollwiderstand bei der Bahn mit Eisen auf Eisen rund zehnmal tiefer ist als auf der Strasse (Gummi auf Asphalt) [3] und Elektromotoren einer Lokomotive einen Wirkungsgrad von über 90% aufweisen, während bei Dieselfahrzeugen der Wirkungsgrad nur bei rund 45% liegt (Wirkungsgrad als Energieinput gegenüber der auf das Rad wirkenden Restenergie) [4]. Pro beförderter Tonne Ware (Frachtleistung tkm) benötigt die Bahn nicht einmal 1/3 der Energie, die ein LKW benötigt. Bei diversen weiteren ökologischen Faktoren weist der Güterbahnverkehr Vorteile gegenüber dem Strassentransport auf, zum Beispiel bei der Landnutzung (1.2ha Landfläche pro km Bahn gegenüber 3.6ha Landfläche pro km Strassenstrecke) [5].

Wie können die beteiligten Akteure im Förderprogramm zur Stärkung des Systems Bahn beitragen?
Das EnAW-Programm ist ein namhaftes Programm aus dem Kompensationsmechanismus, das im direkt betroffenen Sektor Verkehr bedeutende Mengen an Treibhausgasen reduziert. Das Programm findet unter den teilnehmenden Unternehmen grossen Anklang, weil es dort ansetzt, wo Verlagerung im Praxisalltag entschieden wird. Akteure werden befähigt, passende Lösungen zu erarbeiten, die eine konkrete, auf den jeweiligen Fall bezogene Verlagerung bewirken oder eine drohende Rückverlagerung auf die Strasse verhindern. Sie sind frei in den Massnahmen, gemessen werden einzig die realisierte Verlagerung und die daraus resultierende CO2-Einsparung. Dadurch wählen die Akteure erstens tendenziell jene Projekte, deren ungedeckte Kosten klein sind im Verhältnis zur erwarteten Verlagerungswirkung und zweitens die passenden Massnahmen, die im konkreten Fall eine Verlagerung bisher nicht ermöglichte. Dadurch ist das System hochgradig effizient (hohe Wirkung pro Förderfranken) und effektiv (es bewirkt nachweislich eine Verlagerung).

Können Sie dies noch etwas genauer ausführen oder konkrete Beispiele nennen?
Eine hohe Effizienz bedeutet, dass pro eingesetztem Förderfranken weit mehr CO2 reduziert wird, als tatsächlich bescheinigt wird. So werden bei Verlagerungen auf der Transitstrecke zum Beispiel LKW-Verkehre im Ausland reduziert oder geringere Scope-3-Emissionen, also indirekte Emissionen des Systems Bahn gegenüber der Strasse, realisiert, jedoch nicht finanziell abgegolten. Zudem ist der Nutzen pro eingesetztem Förderfranken auffallend hoch gegenüber den vermiedenen Kosten von Schadenfällen aus zusätzlichem LKW-Verkehr wie Klimaschäden, Schäden durch Lärmbelastung oder durch Luftemissionen wie Stickoxiden oder Feinstaub.

Wie kann das Förderprogramm dazu beitragen, die Nachteile der Bahn gegenüber der Strasse auszugleichen?
Das Programm kann einen entscheidenden Beitrag zur Transformation des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene leisten. Ein Güterbahnprodukt ist umso attraktiver, je mehr es genutzt wird, denn ein stark genutztes Bahnprodukt wird die Anzahl der Abfahrten erhöhen können. Dadurch steigt die Flexibilität für den Verlader, ein Gut aufzugeben. Ebenso verbessert sich in der Regel die Qualität des Transportproduktes, weil Verspätungen dank häufigerer Zustellung verringert werden können. Zudem wird ein höher ausgelastetes, häufig genutztes Bahnprodukt tendenziell günstiger angeboten werden können pro verlagerte Einheit. Deshalb wird das Potenzial der Treibhausgasreduktion mit zunehmender Verlagerung noch grösser, weil eine sich verstärkende Dynamik der Verlagerung angestossen werden kann.

Stichwort Preise: Das Umlagerungsprogramm fördert Projekte, solange sie ohne Förderung noch unwirtschaftlich sind. Erreicht ein Projekt die Schwelle zur Wirtschaftlichkeit, so kann es ohne Förderung weiterbetrieben werden. Wie oft ist dies der Fall?
Dies kommt immer wieder vor und ist eines der zentralen Ziele des Programmes, nämlich im Sinne einer Anschubfinanzierung Projekte mit anhaltender Reduktionswirkung zu ermöglichen. Dank den CO2-Erlösen können Umlagerungen realisiert und über eine finanziell verlustreiche Periode gefördert werden, bis sich diese selbsttragend positiv weiterentwickeln können und dadurch die Förderung für deren Fortbestand nicht mehr notwendig ist. Leider kommt es aber auch vor, dass sich die Rahmenbedingungen zu Ungunsten der Bahntransporte verschlechtern und Verkehre auf die Strasse zurückverlagert werden. Eine solche Tendenz war zum Beispiel in der Folge des Ukrainekrieges und des wirtschaftlichen Abschwungs mit gleichzeitiger Teuerung zu beobachten. In solchen Situationen wählen viele Verlader bzw. Empfänger von Waren oftmals die kostengünstigste Transportvariante – in der Regel also die Strasse. Das Umlagerungsprogramm stützt in diesen wirtschaftlich schwierigen Phasen Anbieter von Bahnprodukten, damit die Rückverlagerungen auf die Strasse begrenzt werden.

Wie sehen Sie die Zukunft der Transformation des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene?
Entscheidend ist, wie lange das Förderprogramm bestehen wird. Aus den zahlreichen erläuterten Gründen können Bahnprodukte anfänglich oftmals nur unwirtschaftlich betrieben werden. Da nun gleichzeitig ausschliesslich die realisierte und nachgewiesene Klimawirkung bescheinigt wird und die zusätzlichen Erlöse knapp zwei Jahre nach der ersten Fahrt eintreffen, müssen die Programmteilnehmer in eine Vorleistung mit vielen Unsicherheiten einwilligen. Dank der stabilen Vorgaben über einen längeren Zeitraum stellt das Programm ein verlässliches System dar, um die Transformation hin zum nachhaltigeren Gütertransport zu stärken. Wir stellen fest, dass sich der Teilnehmerkreis langsam vergrössert und die Teilnehmer vermehrt bereit sind, zusätzliche Ressourcen zur Verlagerung von Gütertransporten auf die Bahn bereitzustellen. Daher wäre besonders wichtig, dem Programm bereits heute eine Zukunft nach 2030 in Aussicht zu stellen. Das geschaffene System beruht nicht auf Absichtserklärungen, sondern einzig auf realisierter CO2-Reduktionswirkung (ex-post). Wird dem System genügend Zeit unter stabilen Vorgaben eingeräumt, sehen wir ein grosses Potenzial für die Klima- und Verlagerungspolitik mit entsprechender Transformation des Güterverkehrssektors.


[1] Daten aus Monitoring 2023 des Umlagerungsprogramms 0022
[2] Reporting SBB Cargo für ihre Kunden, Durchschnittswerte, Daten eruiert mit EcoTransIT. 2022
[3] Fengler W: Systemeigenschaften der Eisenbahn, TU Dresden, 20 Seiten
[4] SCHIG mbh: Spezifische Energieeffizienz – Analyse des Schienenverkehrs, Buschbacher FVK, 94 S., 2022
[5] railwayportal.com

Umlagerung Strasse auf Schiene

Informationen und Anmeldung

Erfahren Sie mehr über das Förderprogramm der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW)!

Mehr erfahren