Wohlige Wärme breitet sich aus, als uns die beiden Energieingenieure Philipp Erdmann und Atef Baatour von ECCO2 den Heizraum eines Gebäudekomplexes an der Rychenbergstrasse in Winterthur öffnen. Draussen ist es unangenehm kalt und nass – Heizwetter wie aus dem Bilderbuch. Nachdem wir uns unserer dicken Winterjacken entledigt haben, zeigt uns Philipp Erdmann als erstes ein unscheinbares Kästchen rechts an der Wand neben der Heizzentrale. "Dies ist das Herzstück unseres Angebots, das so genannte Gateway, also die Hardware unserer Heizungssteuerung", erklärt der Fachmann.
Ansonsten sieht die Heizzentrale aus wie andere auch: Zwei Heizkessel mit Erdgas versorgen über zahlreiche Leitungsrohre einen Komplex von 5 Wohn- und Bürogebäuden mit einer zu beheizenden Fläche von rund 11'000 Quadratmetern. "Im Vergleich zu anderen Gebäuden, in denen wir unsere Heizungssteuerung installiert haben, ist dies relativ gross", meint Philipp Erdmann. Dementsprechend gibt es hier auch viel Potential für Optimierungen.
Das Kästchen rechts an der Wand – das Gateway - ist das Herzstück der ECCO2-Heizungssteuerung.
Die Hardware der ECCO2-Heizungssteuerung.
Das Angebot von ECCO2 richtet sich in erster Linie an grosse Immobilienfonds, Pensionsfonds und Immobilienbesitzer mit einem grossen Portfolio. Diese Kunden haben alle eigene Nachhaltigkeitsziele zur Senkung des Energieverbrauchs und der CO₂-Emissionen. Eine Umstellung auf erneuerbare Heizungen bedeutet bei einem umfangreichen Portfolio auch grosse Renovationsarbeiten, die hohe Investitionen erfordern und lange dauern können. Hier ermöglicht die ECCO2-Lösung mit begrenzten Investitionen und einer kurzen Implementierungszeit eine grosse Wirkung.
Meldet ein Kunde sein Interesse an einer digitalen Heizungssteuerung an, nehmen die Ingenieure bei ECCO2 eine Inspektion der Gebäude vor. Nach der Auftragsvergabe werden in jeder beheizten Wohn- oder Büroeinheit kleine Sensoren installiert, die Temperatur, Luftfeuchtigkeit sowie optional CO2-Konzentration messen und digital an ECCO2 übertragen. "In der Regel ist dies ein relativ rascher Prozess von wenigen Wochen zwischen Inspektion und Einsatz", sagt Philipp Erdmann und klappt seinen mitgebrachten Laptop auf. Sein Bildschirm zeigt Unmengen an farbigen Punkten, Linien und Kurven, alles Echtzeit-Daten. Es sieht umfangreich und ziemlich beeindruckend aus.
Ingenieur Philipp Erdmann erklärt, wie die Heizungssteuerung funktioniert.
Über eine Cloudlösung haben die Kunden von ECCO2 ebenfalls einen ständigen Zugang zu ihren Daten. Das KI-unterstützte System wertet nebst den Messungen der installierten Sensoren in den Wohnungen oder Büros auch Meteo-Daten zum aktuellen Wetter aus und erstellt pro Gebäude jeweils ein Profil zu Parametern wie Lage oder Besonnung. Das Resultat ist eine dynamische, intelligente und prädiktive Regelung des Heizbedarfs.
Dadurch, dass alle Messwerte jeden Tag aufs Neue berechnet werden, ergibt sich auf die Dauer ein so genanntes "machine learning", bei dem das System aufgrund der erhobenen Daten lernt und sich stetig verbessert. Fällt ein Wert in einen kritischen Bereich, sendet das System umgehend eine Warnmeldung an die zuständigen Fachpersonen bei ECCO2. Diese können somit viel schneller reagieren als gewöhnlich, weil nicht erst Reklamationen von Mietern eingehen müssen, denen es zu warm oder zu kalt ist.
ECCO2 ist ein Schweizer Unternehmen mit rund 35 Mitarbeitenden an 4 Standorten. Das Unternehmen ist im Bereich der Energiewende tätig und bietet Monitoring- und Optimierungslösungen auf der Grundlage digitaler Zwillinge, künstlicher Intelligenz und eines prädiktiven Modells an, mit denen Heizenergie eingespart und CO2-Emissionen reduziert werden können. Experten unterstützen Kunden bei der Analyse ihres Immobilienportfolios, bei der Implementierung der Optimierungslösung und bei der Nutzung von Monitoringdaten für die Planung von Änderungen der Wärmeerzeugung und für die Ermittlung des Potenzials erneuerbarer Energien. ECCO2 verwaltet in der Schweiz über 1100 Gebäude und 2,5 Mio. m2 Energiebezugsfläche mit einer durchschnittlichen Heizenergieeinsparung von 20%. www.ecco2.ch
Normale, nicht mit einer digitalen Steuerung ausgestattete Heizungen, funktionieren nach einem viel statischeren Prinzip. Ein Sensor für die Aussentemperatur bestimmt oftmals als einziger Erfahrungswert das Wohlfühlklima in Innenräumen von Gebäuden. Es kann so nicht auf Einflüsse wie Besonnung, Wind oder Lage reagiert werden; im System selbst findet auch kein «learning» statt. Die Verantwortlichen bei ECCO2 setzen mit ihren Energieberatungsdienstleistungen und der Heizungsoptimierung auf eine spätere Transformation hin zu erneuerbaren Heizungen.
"Unsere Lösungen sorgen dafür, dass nur so viel Energie verbraucht wird, wie für die Aufrechterhaltung der Wohlfühltemperatur von Mieterinnen und Mietern benötigt wird. Sie ermöglichen auch die Messung und Auswertung des Energiebedarfs, der für die Auslegung nachhaltiger Heizsysteme unerlässlich ist. So garantieren wir den Eigentümern bei der Umstellung auf erneuerbare Energien eine geringere Anfangsinvestition sowie geringere Betriebskosten", sagt Yves Cosendai, Chief Growth Officer bei ECCO2. "Bei der Steuerung der Kosten für den Übergang zu erneuerbaren Energien spielt die Dimensionierung dieser Systeme oftmals eine kritische Rolle. Nur genaue Betriebsdaten ermöglichen eine sachgerechte Dimensionierung, oft verbunden mit Einsparungen beim Material oder der eingekauften Leistung", so Cosendai weiter.
Sein Wunsch: Eine intelligente und dynamische Regelung soll zum Standard werden, egal für welche Heizart.
"Das Förderprogramm der Stiftung KliK vereinfacht den Zugang und beschleunigt den Rollout unserer Lösungen durch eine geringe Anfangsinvestition für Eigentümer. Dies beschleunigt die CO₂-Reduktionspfade und die Reduktion des Energieverbrauchs im Zusammenhang mit den Netto-Null-Zielen 2050."
Blick auf die Gebäude, die von der Heizzentrale, die wir besuchen durften, versorgt werden.
Das Geschäftsmodell von ECCO2 bereitet den Weg für eine Zukunft, in der auch fossilfreie Heizungen von einem umfassenden, KI-gestützten Monitoring sowie einer Optimierung profitieren und Kosten sparen können. Mit einem Schaudern ziehen wir unsere Winterjacken wieder an und verlassen den warmen Heizraum an der Rychenbergstrasse in Winterthur mit vielen neuen Informationen dazu, wie mit relativ einfachen Mitteln und mit intelligentem Einbezug der heutigen Technologien dort Klimaschutz betrieben werden kann, wo es uns alle angeht: beim Heizen.