Vincent Boillat erzählt uns gut gelaunt von der Entstehung des Projekts von vor rund 10 Jahren, während er uns über den sehr grossen Hof führt. Er sieht dabei auch ein wenig stolz aus. Gemeinsamt mit den beiden Landwirten Hervé Cattin und Thierry Chételat führt er seit 2016 das heutige Unternehmen EcoBioVal Sàrl, zu dem die landwirtschaftliche Biogasanlage gehört. Das von den drei lokalen Landwirten realisierte Pionierprojekt wurde von zahlreichen Partnern begleitet, unter anderem von Ökostrom Schweiz, Energie du Jura SA und dem Verband der Schweizerischen Gasindustrie VSG.
Ökostrom Schweiz unterstützt die Betreiber bei der Vermarktung des Biomethans und der damit verbundenen Klimaschutzleistungen, indem das Gas nicht mehr ungehindert in die Atmosphäre entweicht, sondern eingefangen und weiterverwertet wird. Nachdem die Anlage ursprünglich zur Stromerzeugung gedacht war, ergab sich 2019 die Gelegenheit, auf eine noch effizientere Produktionsform umzusteigen und das Biomethan in die Niederdruckgasleitung ganz in der Nähe einzuspeisen.
Entscheidend bei diesem Schritt war unter anderem die Zusammenarbeit mit den Fachleuten von Ökostrom Schweiz und die Aufnahme des Projekts in das Förderprogramm für landwirtschaftliche Biogasanlagen der Stiftung KliK. Anfang 2024 nahm die 8 Millionen Franken teure Anlage schliesslich ihren Betrieb auf.
Biogas und Biomethan
Der Unterschied zwischen beiden Energieträgern liegt im Methangehalt. Bei reinem Biogas liegt er zwischen 40 und 75 Prozent. Biomethan hingegen wird auf einen Methananteil von mindestens 96 Prozent angereichert. Damit hat es dieselben chemischen Eigenschaften wie das konventionelle Erdgas.
Heute sehen wir uns dieses Grossprojekt genauer an. Heisst: Wir gehen dem Weg nach, den der Hofdünger vom Kuhstall über die Mistgrube via verlegte Zufuhr-Leitungen bis in den Fermenter und schliesslich über die Verteileranlage ins Gasnetz macht. Das Endprodukt Biomethan, das eingespeist wird, entsteht aus etwa 20’000 Tonnen Hofdünger und Grünabfällen. Den überwiegenden Teil davon machen Mist und Gülle aus. Hinzu kommen Grünabfälle aus umliegenden Gemeinden, die der regionale Entsorgungsdienst mehrmals die Woche anliefert.
Die jährliche Produktion beläuft sich auf rund acht Gigawattstunden oder 800’000 Nm3 Biomethan. Das entspricht zehn Prozent des Gasbedarfs im Kanton Jura. Zusätzlich produziert EcoBioVal noch tonnenweise hochwertigen Gärdünger und sorgt damit für eine klimafreundiche Schliessung des Nährstoffkreislaufs.
Die landwirtschaftliche Biogasanlage EcoBioVal beeindruckt in ihren Dimensionen. Beim Rundgang über das Gelände staunen wir über die Technologie, die verbaut ist und für einen – fast – immer reibungslosen Ablauf sorgt. Muss die Produktion aus einem bestimmten Grund einmal kurzfristig gestoppt werden, lagert im zweiten grossen, runden Behälter, dem Restlager, immerhin noch Biomethan für rund 10 Stunden, in denen Ursachen von Störungen oder Fehlfunktionen auf den Grund gegangen werden kann, erklärt Vincent Boillat.
Die Anlage ist ein Grossprojekt, das sich neue und innovative technologische Entwicklungen zunutze macht, um landwirtschaftliche Biomasse energetisch zu nutzen. Hier liegt noch viel Potenzial brach: Experten gehen davon aus, dass in der Schweiz mit der Hofdüngervergärung bis zu 4,3 Terrawattstunden Energie erzeugt werden könnten. Zurzeit werden davon erst knapp fünf Prozent umgesetzt.
Immerhin sind erfreuliche Entwicklungen zu beobachten, wie Benjamin Jungblut von Ökostrom Schweiz sagt: "Bis vor Kurzem haben landwirtschaftliche Biogasanlagen praktisch ausschliesslich Strom und Wärme erzeugt, nur bereiten sie Biogas zunehmend auch zu Biomethan auf und speisen dieses in Gasnetz ein. Der Stand der Technik entwickelt sich stetig weiter und neue Anbieter im Markt sorgen für Dynamik."
Eine Anlage wie jene in Courtemelon ist jedoch nur für einen kleinen Teil von Landwirtschaftsbetrieben wirklich umsetzbar – allein schon aufgrund der schieren Grössen und Mengen an Hofdünger. Benjamin Jungblut stellt in seiner täglichen Arbeit denn auch einen Trend zu kleineren Anlagen auf der Basis von reinem Hofdünger und Reststoffen aus der Landwirtschaft fest.
Eine solche Anlage besuchen wir im zweiten Teil unserer Beitragsserie über landwirtschaftliche Biogasanlagen im aargauischen Sins. Lesen Sie bald hier mehr!